Siedlungen der Bronzezeit

Archäologische und paläoökologische Untersuchungen älterbronzezeitlicher Siedlungen in Norddeutschland

 Der ältere Abschnitt der nordeuropäischen Bronzezeitkultur (etwa das 2. Jahrtausend v. Chr.) wird in weiten Teilen bislang nur durch Gräber und Deponierungen repräsentiert, Siedlungen sind unzureichend erschlossen. Dies gilt insbesondere für die südliche Zone (Schleswig-Holstein sowie Teile Mecklenburg-Vorpommerns und Niedersachsens), in der bislang lediglich einige wenige Hausgrundrisse freigelegt wurden. Vorrangiges Ziel des Vorhabens ist deshalb die Lokalisierung und Freilegung solcher zu den älterbronzezeitlichen Grabhügelnekropolen gehörenden Siedlungsplätze. Fragen nach den Hausformen sind ebenso nachzugehen wie nach der Größe und der Organisation der Siedlungs- und Wirtschaftseinheiten. So können die sozialen Verhältnisse jener Zeit nur auf der Basis der Siedlungsformen (z. B. Einzelhöfe, Weiler oder Dörfer) hinreichend geklärt werden. Besonderes Interesse gilt der Erforschung der Ursachen und Auswirkungen des Übergangs von der zweischiffigen zur dreischiffigen Hausbauweise und der Aufstallung des Viehs innerhalb der Gebäude, wie dies u. a. für Dänemark und die Niederlande in der ersten Hälfte bzw. etwa ab der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. belegt ist. In diesem Zusammenhang ist auch eine mögliche Brückenfunktion Norddeutschlands bei der Vermittlung solcher oder ähnlicher Innovationen zu klären.

Darüber hinaus gilt es, die naturräumliche Ausstattung des Siedlungsumfeldes sowie seine Nutzung und Veränderung durch den bronzezeitlichen Menschen zu erhellen. Wichtig ist hier die Frage, ob die während der Jungsteinzeit (4. und 3. Jahrtausend v. Chr.) vorherrschende Subsistenzwirtschaft zu einer allgemeinen oder zumindest regionalen landwirtschaftlichen Überproduktion führte, wodurch der Bezug der neuen Rohstoffe Bronze bzw. Kupfer und Zinn sowie Gold erst ermöglicht wurde. Schließlich sollen durch eine Gesamtschau aller archäologischen und paläoökologischen Ergebnisse aus Gräbern und Siedlungen die standortspezifischen Faktoren, auch im Hinblick auf die kulturellen Einflüsse benachbarter Kulturen, für die einzelnen Regionen Norddeutschlands herausgearbeitet werden.

Das siedlungsarchäologische Neuvorhaben wird in enger fachlicher Kooperation zu dem bereits im Akademienprogramm geförderten Projekt "Funde der älteren Bronzezeit des nordischen Kreises in Dänemark, Schleswig-Holstein und Niedersachsen" durchgeführt, in dem die Grab-, Hort- und Einzelfunde bearbeitet werden.

Bericht 2012

Siedlungen der Bronzezeit

Brekendorf. Ausgrabung eines Hausgrundrisses 
Brekendorf. Ausgrabung eines Hausgrundrisses

Wegen ihrer stattlichen Erscheinung gehören Grabhügel der älteren Bronzezeit zum Landschaftsbild und sind jedermann als vorgeschichtliche Bodendenkmäler bekannt. In Norddeutschland wurden sie mit ihren Bestattungen und Beigaben in großer Zahl bereits seit dem 19. Jahrhundert intensiv erforscht. Dagegen blieben zugehörige Siedlungsplätze weitgehend unbekannt. Für das 2. vorchristliche Jahrtausend, der Zeit vom ausgehenden Spätneolithikum bis zum Beginn der jüngeren Bronzezeit, fehlt es an grundlegendem Wissen über Haus- und Siedlungsformen sowie über die Wirtschaftsweise eines ganzen Jahrtausends. Ebenso verfügen wir über keine gesicherten Erkenntnisse der Nahrungswirtschaft, die gleichbedeutend ist mit den Überlebensstrategien der Menschen.

Im Rahmen des Vorhabens werden das Siedlungswesen und die Wirtschaftsweise während der Bronzezeit im Süden des nordischen Kreises (Schleswig-Holstein mit südlich und östlich angrenzenden Regionen) erforscht. Zu den vordringlichen Aufgaben der Arbeitsgruppe gehört es, mittels systematischer Prospektionsarbeiten Siedlungsplätze zu lokalisieren und auszugraben und mit archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Es werden Untersuchungen zur Struktur der Siedlungs- und Wirtschaftseinheiten, der naturräumlichen Ausstattung des Siedlungsumfeldes sowie seiner Nutzung und Veränderung durch den Menschen durchgeführt.

Das Projekt wurde im Jahre 2007 in das Akademienprogramm übernommen und befindet sich in der Obhut der Akademie Mainz.